Vorbild:Main-Weser-Bahn

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Bahnhof Kassel Wilhelmshöhe
Bahnhof wilhelmshoehe kassel.JPG
Quelle: Deutschsprachige Wikipedia


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Die Main-Weser-Bahn ist die Eisenbahnstrecke von Frankfurt am Main über Gießen nach Kassel, die nach dem Eisenbahnunternehmen benannt wird, welches die Strecke gebaut und bis 1880 auch betrieben hat.


1 Streckenverlauf

Die Strecke ist nach heutiger Kilometrierung zwischen den Endbahnhöfen 199,8 km lang. Sie ist zweigleisig und elektrifiziert. Die Streckenhöchstgeschwindigkeit beträgt 160 km/h, wird aber nur auf dem Südabschnitt sporadisch erreicht. Die Main-Weser-Bahn ist eine der wichtigsten deutschen Bahnstrecken im konventionellen Betrieb.


2 Geschichte

Blockstelle Wasserscheide zwischen Neustadt und Stadtallendorf

Die seit 1838 erwogene Errichtung der Main-Weser-Bahn als Verbindung von Kassel in den Rhein-Main-Raum war zunächst als eine ausschließlich über kurhessisches Staatsgebiet führende Bahn zwischen den größten Städten des Kurfürstentums, Kassel und Hanau, über Fulda gedacht. Das scheiterte bei den damals zur Verfügung stehenden technischen Mitteln am Distelrasen, der Wasserscheide zwischen Fulda und Kinzig, deren Durchstich mit einem Tunnel erst 1914 erfolgte.

So kam es erst ab 1841 zu mehrfach unterbrochenen Verhandlungen und erst am 5. April 1845 zu einem Staatsvertrag zwischen der Freien Stadt Frankfurt, dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt und dem Kurfürstentum Hessen-Kassel, der zur Gründung einer gemeinsamen Staatsbahn, einer Kondominalbahn, führte. Damit waren die rechtlichen Voraussetzungen für eine Bahn über Marburg, Gießen und Friedberg geschaffen, die zwar topografisch einfacheres Gelände nutzte, aber mehrfach Staatsgrenzen durchschnitt. Das sah im Südabschnitt folgendermaßen aus: Die Strecke verlief in Frankfurt nach der Ausfahrt aus dem Main-Weser-Bahnhof etwa parallel zur damals nur teilweise vorhandenen Taunusstraße, über die heutige Friedrich-Ebert-Anlage und Hamburger Allee in die kurhessische Stadt Bockenheim, dann wieder über Frankfurter Gemarkung bei Hausen, erneut über kurhessische bei Eschersheim, wieder über Frankfurter Territorium bei Bonames. Es folgte großherzoglich-hessischer Boden bis Friedberg, unterbrochen von einem Stück Frankfurter Gebiet bei Dortelweil. Bad Nauheim war wiederum eine kurhessische Enklave im großherzoglichen Oberhessen, durch das die Strecke bis hinter Gießen führte. Aufgrund des Staatsvertrags war jede der beteiligten Regierungen auf ihrem Staatsgebiet für den Geländeerwerb zuständig. Die Voraussetzungen für den Bau zu schaffen gestaltete sich so nicht einfach. In die Bauzeit fielen zudem die Wirren der bürgerlichen Revolution von 1848 und eine Finanzkrise des Großherzogtums Hessen.

Güterzug in südliche Richtung in Guntershausen (Sept. 2006)

Begonnen wurden die Arbeiten am 6. August 1846 auf kurhessischem Gebiet. Hier waren der belgische Ingenieur Frans Splingard und sein Mitarbeiter Eduard Hacault verantwortlich. Von Frankfurt aus wurde die Strecke unter Remigius Eyssen vorangetrieben. Die Empfangsgebäude entlang der Strecke stammten in den kurhessischen Abschnitten fast alle von Julius Eugen Ruhl, dem ersten Generaldirektor der kurhessischen Eisenbahnen.

Der erste Abschnitt zwischen Kassel und Wabern konnte am 29. Dezember 1849 eröffnet werden. Der erste durchgehende Zug von Kassel nach Frankfurt fuhr am 15. Mai 1852, nachdem der nördliche und der südliche Bauabschnitt mit der Verbindung zwischen Gießen und Langgöns verbunden worden waren.

Das zweite Gleis kam 1865 hinzu – nach zwölfjährigen Verhandlungen! Die Zusammenarbeit der beteiligten Staaten hatte sich trotz glänzend entwickelnder Transportleistungen der Bahn nicht verbessert. Das zweite Gleis erleichterte dann im Krieg von 1866 den preußischen Truppentransport erheblich, ein Krieg, der zwei der an der Main-Weser-Bahn beteiligten Staaten – Kurhessen und Frankfurt – von der politischen Landkarte verschwinden ließ. Ihre Anteile gingen anschließend auf Preußen über, das 1880 auch den großherzoglich hessischen Anteil erwarb. In Kirchhain zweigten früher die Nebenbahnen der Wohratalbahn und der Ohmtalbahn ab.

Bahnhof Gießen

Bis zur Fertigstellung der Bebraer Bahn 1866 fuhren alle Schnellzüge zwischen Frankfurt und Berlin über die Main-Weser-Bahn. Diese Züge wechselten in Guntershausen, wo die Friedrich-Wilhelms-Nordbahn die Verbindung zur Thüringischen Eisenbahn herstellte, die Fahrtrichtung. D-Züge von Frankfurt nach Berlin – über Kassel – fuhren aber auch weiter bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges. Auch in den folgenden Jahren nahmen Züge der amerikanischen Besatzungsmacht, die unter der Gattungsabkürzung DUS fuhren, diesen Weg.

Der Abschnitt TreysaLollar war seit 1878/79 Bestandteil der als strategische Bahn gebauten Kanonenbahn Berlin–Metz.

In den 1960er Jahren wurde zunächst der Abschnitt Frankfurt–Gießen elektrifiziert; durchgehend elektrisch befahrbar war die Strecke ab dem 20. März 1967.


3 Verkehr

Bahnhof Bad Nauheim, dahinter Schornstein der Wäscherei der Kurbetriebe

Auf der Main-Weser-Bahn verkehren die InterCity-Langläufer zwischen Karlsruhe bzw. Konstanz und Stralsund bzw. Hamburg-Altona, außerdem Regional-Express-Züge zwischen Frankfurt und Kassel, sowie Frankfurt und Siegen. Letztere verlassen die Strecke in Gießen und wechseln dabei die Fahrtrichtung. Weiterhin verkehren Regionalbahnen zwischen Marburg und Gießen sowie Gießen und Friedberg. In Gießen finden Flügelungen von Zügen statt: Seit Dezember 2006 verkehrt der Mittelhessen-Express; die beiden aus Treysa und Dillenburg kommenden Züge werden in Gießen gekuppelt und fahren anschließend gemeinsam nach Frankfurt. Umgekehrt findet ebenfalls in Gießen die Trennung statt. Beide Züge fahren dann als Regionalbahnen weiter nach Treysa bzw. Dillenburg. Es besteht außerdem ein S-Bahn-Angebot zwischen Friedberg und dem Frankfurter Südbahnhof über den Citytunnel. Der Abschnitt Treysa–Kassel ist Teil der RegioTram Kassel und wird als Linie RT 9 bezeichnet. Die RegioTram kam seit Ende Mai 2007 jedoch zunächst nur am Wochenende zum Einsatz, inzwischen hat sie auch an Werktagen die Regionalbahnen ersetzt.

Zahlreiche Züge auf den in Bad Vilbel, Friedberg, Gießen und Marburg abzweigenden Seitenstrecken haben außerdem einen gewissen Vor- oder Nachlauf auf der Hauptbahn.

Weiterhin fahren auf der Strecke viele Güterzüge, etwa zahlreiche Containerganzzüge oder Transporte von fabrikneuen Landmaschinen (Traktoren, Mähdrescher). Regelmäßig fahren auch Militärzüge.


4 Fahrzeuge

FLIRT der Cantus im Bahnhof Friedberg

Für den stündlichen Mittelhessen-Express zwischen Frankfurt und Treysa kommen Elektrotriebwagen der Baureihen 425 und 426 zum Einsatz. Ab 11. Dezember 2011 werden neue Talent 2-Triebwagen eingesetzt, die dann von der neugegründeten DB Regio Hessen GmbH betrieben werden. Die zwischen Kassel und Treysa verkehrende RegioTram besteht aus Niederflur-Straßenbahntriebwagen der Baureihe 452. Auf dem S-Bahn-Teilstück (S6) südlich Friedberg fahren S-Bahn-Triebwagen des Typs 423.

Der übrige Regionalverkehr auf der Main-Weser-Bahn wird größtenteils noch durch lokbespannte Züge erbracht. Für die Regionalbahnen zwischen Gießen und Friedberg kommen umgebaute Silberlinge zum Einsatz, geschoben von Loks der Baureihen 143 oder vereinzelt 110. Ebenfalls mit modernisierten Silberlingen wird die Baureihe 110 jedoch nur in den Hauptverkehrszeiten zwischen Gießen und Marburg, Kirchhain bzw. Treysa eingesetzt. Bei den Regional-Express-Zügen handelt es sich fast ausschließlich um Wendezüge aus Doppelstockwagen, die mit der Baureihe 111 bespannt sind. Einige Regionalbahnen zwischen Gießen und Friedberg fuhren zuletzt mit Dieseltriebwagen der Baureihe 628. Die Züge, die Glauburg-Stockheim und Nidderau über die Niddertalbahn mit Frankfurt Hbf verbinden, ebenso wie die von Nidda über Friedberg nach Frankfurt Hbf, werden von Diesellokomotiven der Baureihe 218 gezogen bzw. geschoben; in verkehrsarmen Zeiten werden auch Triebwagen der Baureihe 628 eingesetzt.

Die InterCity-Garnituren sind die üblichen Wendezüge aus InterCity- und ehemaligen Interregio-Wagen mit Elektrolokomotiven der Baureihe 101 oder ersatzweise der Baureihe 120.

Zwischen Cölbe und Marburg, teilweise auch bis Gießen, sind Dieseltriebwagen des Typs 628 anzutreffen, welche die Obere Lahntalbahn nach Erndtebrück und die Burgwaldbahn nach Frankenberg bedienen. Einige Züge der Ederseebahn Bad Wildungen–Wabern fahren auf der Main-Weser-Bahn bis Kassel.

Gelegentlich werden bei Bauarbeiten oder Betriebsstörungen auf der NBS Hannover–Würzburg ICEs zwischen Frankfurt (Main) Hauptbahnhof und Kassel-Wilhelmshöhe umgeleitet, die dann nicht in Fulda halten.

Was Güterzuglokomotiven und -wagen angeht, können zahlreiche Bauarten im Dienste verschiedener Eisenbahnverkehrsunternehmen beobachtet werden.


5 Zukunft

  • In Marburg soll mittelfristig ein neuer Regionalbahn-Haltepunkt „Marburg Mitte“ entstehen. Dieser ist bereits in dem neuen Fahrplankonzept (Mittelhessen-Express) berücksichtigt.
  • Zwischen Frankfurt West und Friedberg teilen sich S-Bahn, Regionalverkehr, Fernverkehr und Güterverkehr die zwei Gleise der Main-Weser-Bahn. Um den Betrieb zu entzerren, soll die Strecke in diesem Bereich in den nächsten Jahren in zwei Abschnitten auf vier Gleise ausgebaut werden. Das Planfeststellungsverfahren für den ersten Ausbauabschnitt von Frankfurt West bis Bad Vilbel (geplante Bauzeit vier Jahre) wurde am 13. Mai 2004 abgeschlossen aber nicht umgesetzt, sondern soll durch eine Planänderung gem. § 76 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung ergänzt. Die entsprechende öffentliche Bekanntmachung erfolgte am 8. Juli 2009. Danach soll die Strecke weitgehend mit zwei bis sechs Meter hohen Schallschutzwänden versehen werden. Die Bürgerinitiative „2statt4“ von Eschersheimer und Ginnheimer Anwohnern versucht aber, den Ausbau auf dem Rechtsweg insgesamt zu verhindern. Auf Bad Vilbeler Gebiet besteht bereits Baurecht und die Arbeiten sollen dort Ende 2010 beginnen.
  • Zwischen Frankfurt-West und Frankfurt-Eschersheim soll der Haltepunkt Frankfurt-Ginnheim (wieder) entstehen, der ein Umsteigen zur U-Bahn-Linie U1 ermöglichen soll. Hier bestand schon früher ein Überholungsbahnhof und anlässlich der Bundesgartenschau 1989 vorübergehend ein Haltepunkt. Inzwischen wird der Haltepunkt erst mit dem viergleisigen Ausbau der Strecke zwischen Frankfurt und Bad Vilbel anvisiert.


6 Literatur

  • Ludwig Brake: Über Fulda oder über Gießen – die Entstehung der Bahnverbindungen zwischen Kassel und Frankfurt im 19. Jahrhundert. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 32 (2000), S. 5 – 16.
  • Eisenbahnatlas Deutschland. Ausgabe 2005/2006. Vlg. Schweers + Wall, o.O. 2005, ISBN 3-89494-134-0.
  • Günter Krause: Die Lokomotiven der Main-Weser-Bahn. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 32 (2000), S. 17 - 27.
  • Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Eisenbahn in Hessen. Eisenbahnenbauten- und strecken 1839-1939. 1. Auflage. Theiss Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-8062-1917-6, Bd. 2.1, S. 142ff (Strecke 010).
  • Lutz Münzer: Verkehr und Anlagen der nördlichen Main-Weser-Bahn. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 32 (2000), S. 28 - 60.
  • Lutz Münzer: Vom Kondominat zur Preußischen Staatseisenbahn - aus der Geschichte der Main-Weser-Bahn zwischen 1866 und 1880. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte 107, S. 291 - 314.
  • Lutz Münzer: Von der Main-Weser-Bahn zwischen 1866 und 1880. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 36 (2004), S. 91 - 104.
  • Dankwart Sieburg: Zur Entwicklung der Eisenbahnerschließung im Raum Treysa/Neustadt. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 32 (2000), S. 61 - 84.
  • Peter Schubert mit Bildteil von Uwe Lischewski: Der Viadukt. Der Rosentalviadukt in Friedberg. Verlag der Bindernagelschen Buchhandlung. Friedberg 1995, ISBN 3-87076-075-3


7 Siehe auch


8 Weblinks


 Quelle: Text & Bilder teilweise aus der Deutschsprachige Wikipedia adaptiert